11.09.2015

Position der FDP Ostholstein zur Flüchtlingsfrage; Beschluss des Kreisparteitages am 11.09.2015 in Oldenburg

Kreisparteitag der FDP Ostholstein

am 11. September 2015

Antragsteller: Hendrik Siegel, Dr. Joachim Rinke

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Der Kreisparteitag möge beschließen:

 

„Well-come“ –

 

unser Einsatz für menschliche Zufluchtsorte in Ostholstein

 

Wir Freie Demokraten im Kreis Ostholstein bekennen uns zu einer schnellen und unbürokratischen Hilfe für diejenigen Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind und in unserem Kreis Schutz suchen vor Bürgerkrieg, politischer Verfolgung und systematischer Diskriminierung. Als Liberale betonen wir nachdrücklich: Fremdenfeindlichkeit und Rassismus haben keinen Platz in einer aufgeklärten Gesellschaft. Wir unterstützen die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer, die Flüchtlinge betreuen und begleiten.

 

Wir haben eine hohe Wertschätzung gegenüber Menschen, die unter Gefahr für Leib und Leben aus Ländern fliehen, die von Unrecht, Repression und Gewalt geprägt sind, um in einem demokratischen Rechts- und Wohlfahrtsstaat Zuflucht zu finden. Wir fühlen uns aus humanitären Gründen verpflichtet, diesen Menschen eine menschenwürdige Zuflucht zu gewähren und eine bedürfnisorientierte Integration zu ermöglichen.

 

Zur Finanzierung der Unterbringungsverpflichtung der Kommunen und der damit entstehenden finanziellen Belastungen fordern wir eine Novellierung des bisherigen Asylbewerber-leistungsgesetzes unter der Bedingung, dass der Bund die Kosten für Unterhalt und Unterbringung sowie für zusätzliche Integrationsleistungen (Sprachförderung, Betreuung und Beratung) in voller Höhe übernimmt. In der Übergangszeit soll sich das Land mit einem verlässlich kalkulierbaren Anteil von 70% an den Kosten der Kommunen finanziell beteiligen.

 

Die FDP Ostholstein engagiert sich vor Ort für diese Ziele:

 

Wir Freie Demokraten wollen im Kreis Ostholstein und im Land folgende Ziele umsetzen, um menschenwürdige Zufluchtsorte in unseren Kommunen zu schaffen:

 

  1. Dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in den Kommunen

Wir streben eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge an, die ihren humanitären und sozialen Belangen entspricht und sie vor Ort in die Gemeinschaft der Bürger/-innen integriert. Daher lehnen wir eine dauerhafte Unterbringung in Sammelunterkünften und Containern oder in Gewerbegebieten ab. Kleinteilige Unterkünfte vermeiden dagegen eine gesellschaftliche Isolation der Flüchtlinge.

 

  1. Verteilung auf die Kommunen

Die Flüchtlinge sollen erst dann auf die Kommunen verteilt werden, wenn in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes ein Asylantrag bereits gestellt wurde und durch das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF) sowie das „Landesamt für Ausländerangelegenheiten“ die notwendige Betreuung und Beratung stattgefunden hat. Dies ermöglicht es, die bevorstehenden Verfahrensschritte gegenüber den Asylbewerbern verständlich zu kommunizieren und die besonderen individuellen Bedürfnisse – etwa im Falle traumatisierter Kriegsflüchtlinge – festzustellen.

 

  1. Zentrale Bearbeitung von Asylanträgen

Innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Eintreffen in der Erstaufnahmeeinrichtung sind die notwendigen Verfahrensschritte einzuleiten, um eine rasche Bearbeitung der Asylanträge zu ermöglichen. Durch eine zentrale Bearbeitung der Anträge in den Erstaufnahmeeinrichtungen ist es möglich, eine sach- und fachkundige Bearbeitung zu garantieren und eine individuelle Unterstützung im Verfahrensablauf sicherzustellen. Innerhalb dieser Frist können der Transfer in die Kommunen organisiert und vor Ort Unterbringungsmöglichkeiten gefunden werden.

 

  1. Beschleunigung des Asylverfahrens

Um eine beschleunigte Prüfung der Asylanträge zu ermöglichen, will die FDP die Erstaufnahmeeinrichtungen mit zusätzlichem qualifiziertem Personal ausstatten, darunter auch Dolmetscher mit hinreichenden Sprachkenntnissen. Ferner sind die Erstaufnahmeeinrichtungen sachlich so auszustatten, dass sie den humanitären Bedürfnissen der Flüchtlinge entsprechen und eine unbürokratische medizinische sowie psychologische Betreuung während der Aufnahme des Asylverfahrens ermöglichen. Um das Asylverfahren zu beschleunigen, soll es für Flüchtlinge aus repressiven und kriegszerrütteten Staaten – wie etwa aus Eritrea und Syrien – eine pauschale Stichtagsregelung geben, die die Bearbeitungszeit dort verkürzt, wo Antragsteller bereits länger als sechs Monate auf einen Bescheid warten. Nach einer Sicherheitsüberprüfung sollten neue Verfahren für diese Gruppe von Flüchtlingen nicht länger als drei Monate dauern.

 

  1. Beschleunigung von Bauvorhaben

Gemeinden, die den Bau von Gemeinschaftsunterkünften planen oder den Bestand an öffentlichen Liegenschaften für Unterkünfte herrichten wollen, sollen im Sinne einer zügigen Verwirklichung ihrer Vorhaben baurechtliche Verfahren beschleunigen.

 

  1. Wohnpartnerschaften auch für Flüchtlinge

Wir unterstützen lokale Projekte, die die Möglichkeit der privaten Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnpartnerschaften bzw. Wohngemeinschaften bewerben und Interessenten vermitteln. Im Rahmen dieser Projekte werden Menschen – etwa hilfsbedürftige Senioren – Wohnraum für Flüchtlinge in ihren Häusern und Wohnungen zur Verfügung stellen und erhalten dafür Hilfe bei der Bewältigung ihres Alltags. Wir fördern dieses private Engagement als Vorbild für eine optimale individuelle Integration.

 

  1. Zugang zu medizinischer Versorgung in den Kommunen

Asylbewerber sollen einen adäquaten Zugang zu medizinischer Versorgung in den Kommunen erhalten, etwa durch Ausgabe von Gesundheitskarten entsprechend des so genannten „Bremer Modells“.

 

  1. Verpflichtende Integrationskurse für Geduldete und Asylbewerber

Das Angebot an Integrationskursen ist als zentrales Element der Vermittlung von Sprachkenntnissen und von demokratischen Werten weiter für alle ankommenden Flüchtlinge auszubauen und finanziell zu fördern. Wir wollen erreichen, dass auch geduldete Flüchtlinge sowie Asylbewerber an diesen Kursen verpflichtend teilnehmen.

 

  1. Integrationsförderung durch Vermittlung von Akzeptanz und Toleranz

Im Schulunterricht sowie in den Integrationskursen für Erwachsene ist nicht nur die Akzeptanz unseres Rechtssystems und unserer demokratischen Verfassung zu vermitteln, sondern auch die in Deutschland praktizierte Toleranz gegenüber unterschiedlichen Glaubensrichtungen, sofern diese das Wertesystem des Grundgesetzes respektieren.

 

  1. Einbindung der Bürger/-innen vor Ort

Das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft setzt bei allen Beteiligten die Bereitschaft zu Toleranz und Akzeptanz voraus. Im Bemühen um die Integration der Flüchtlinge in die örtliche Gemeinschaft wollen wir sicherstellen, dass bei der Planung von neuen Unterkünften die Anwohner frühzeitig eingebunden und angehört werden. So wollen wir Ängste ansprechen und nach Möglichkeit abbauen. Die örtlichen Integrationskonzepte sollten gemeinsam von allen politischen Mandatsträgern, der Verwaltung, der Polizei sowie den sozial engagierten Vereinen und kirchlichen Institutionen erarbeitet und getragen werden, um gemeinsam für Akzeptanz gegenüber den Flüchtlingen zu werben.

 

  1. Förderung des Ehrenamts in der Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen

Ohne das ehrenamtliche Engagement der Bürger/-innen in den Kommunen wären die vielfältigen Hilfen zur Integration von Flüchtlingen undenkbar. Daher unterstützen wir nach Kräften alle Projekte einsetzen. Anfallende Kosten, etwa bei Fahrtkosten der Betreuer oder bei der Organisation von Ausflugsfahrten, will die FDP in den zuständigen örtlichen Gremien nach vorheriger Genehmigung ersetzen. Wir wollen zudem die Ausübung von ehrenamtlichen Tätigkeiten stärker bewerben und honorieren.